BUND Sachsen-Anhalt

Ölwechsel: Fakten zu Erdöl und Plastik

Erdöl hat am globalen Energieverbrauch einen Anteil von ca. 36% und ist damit der weltweit wichtigste Energieträger. Mit der Ressource wird in erster Linie Kraftstoffverbrauch und Wärmeenergie assoziiert.

Doch Erdöl versteckt sich überall – in Plastik, Schaumstoff, Elektronik, Medikamenten und sogar Kosmetik (siehe entsprechendes Kapitel). Diese nicht-erneuerbare Ressource umfasst nahezu alle Lebensbereiche.

Als fossiler Energieträger ist Erdöl in Jahrmillionen andauernden Prozessen entstanden und wird nahezu überall auf der Welt gefördert – im Nahen Osten, in der Nordsee, im Regenwald des Amazonas, in den Tiefen der Meere…

Der größte Teil des Erdöls wird in den Ländern des Globalen Nordens verbraucht. Die ökologischen und sozialen Probleme sind überall in den Fördergebieten gravierend, wie zum Beispiel die große Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zeigte und immernoch zeigt.

Die Schätzungen gehen allgemein davon aus, dass die leichter erreichbaren Erdöl-Vorkommen nur noch wenige Jahrzehnte ausreichen. Deshalb interessieren sich große Konzerne nun für die schwer zugänglichen Ölquellen, deren Erschließung technisch schwieriger, kostspieliger und meist noch viel umweltschädlicher ist. Diese Quellen werden als nicht-konventionell bezeichnet. 

Erdöl bewegt uns, wärmt uns, kleidet uns

Jeden Tag werden auf der Welt 11 Millionen Tonnen Erdöl verbraucht – in Deutschland etwa 103 Millionen Tonnen im Jahr. Etwa 16% davon in der Petrochemie (Herstellung von chemischen Produkten aus Erdgas und geeigneten Fraktionen des Erdöls).

Ungefähr 90% aller in Deutschland hergestellten chemischen Produkte basieren auf Erdöl oder –gas. Die Petrochemie stellt Kunst- und Farbstoffe, Arzneimittel, Waschmittel und vieles mehr her. Fast unsere gesamten Alltagsprodukte basieren auf Erdöl: Die Kunststoffe in unserem Leben heißen Polyester, Polystyrol, Polycarbonat oder Polyethylenterephthalat und so weiter... 

 

Polyethylen (PE) ist wohl der gängigste Kunststoff für Alltagsprodukte und ist das Material für Plastiktüten, Plastikflaschen, Schläuche, Küchengeschirr, Folien, Fernsehgehäuse und Tupperdosen. So enthält zum Beispiel eine 250 ml Shampooflasche durch das PE 1,1 Liter Erdöl.

Das chemisch ähnliche Polyethylenterephtalat (PET) wird beispielsweise für die Herstellung von Plastikflaschen für Kosmetika verwendet: Eine vollständig aus Erdölvarianten bestehende 75 ml PET-Flasche enthält 0,3 Liter Erdöl.

Der Ausgangsstoff für Polyvinylchlorid (PVC) ist Vinylchlorid, dieses kann bei Menschen Krebs erzeugen und wirkt erbgutverändernd.

Gerade dem PVC werden zudem auch größere Mengen Weichmacher zugefügt, die zu den hormonell wirksamen Chemikalien gehören. Wird PVC verbrannt, entstehen hochgiftige Stoffe wie Dioxine und Karzinogene.

Die menschliche Gesundheit wird auch durch Polycarbonate (PC) gefährdet, da ihre Ausgangskomponente das hormonell wirksame Bisphenol A ist. CD-Hüllen, Mikrowellengeschirr und anderes zur Lebensmittelaufbewahrung wird daraus hergestellt.

Polystyrol (PS) ist als Styropor bekannt und steckt in Isolierungen, Joghurtbechern, Kugelschreibern, Schaltergehäusen, … - um 1 Tonne davon herzustellen, werden 2.500 Liter Heizöl benötigt.

Polyamide (PA) stecken in Textilien, Campingzelten, Dübeln, Zahnbürsten und in Verpackungen, wie zum Beispiel in Wurstpelle. In einer Zahnbürste stecken 0,2 Liter Erdöl, in der Pelle einer 400g Wurst 0,15 Liter.

Synthetische Stoffe wie Polyamid, Elasthan und Polyester sind oft Haupt- und Nebenbestandteile von Kleidungsstücken. Auch Nylon und Perlon basieren auf Thermoplasten, die Produkte der Erdölweiterverarbeitung sind.

Brillengläser bestehen mittlerweile häufig aus Polycarbonat und nicht mehr aus Glas. In Schuhen stecken Polypropylen im Absatz und Polyurethan (PUR) im Kunstleder, letzteres wiederum als weicher Schaumstoff für Polster oder Küchenschwämme und als härterer Schaumstoff für Baumaterialien und als Dämmstoff. Jährlich werden hiervon 13 Millionen Tonnen verarbeitet. Bei der Verbrennung entstehen zahlreiche gefährliche Chemikalien; auf Deponien zersetzt es sich ebenfalls in giftige Stoffe. 

Das Recycling-Symbol, das sich zum Beispiel auf Plastikbehältern befindet, enthält oft eine Nummer.

Sie dient zur Sortierung, zum Beispiel hinsichtlich Recyclebarkeit. Die Nummern entsprechen zwar nicht dem Schädlichkeitsgrad, trotzdem kann die/der KonsumentIn sich grob daran orientieren:

1, 2, 4, 5: - weniger schädlich bis sicher

3, 6, 7: - unbedingt zu vermeiden! 

Mikro-Plastik und Plastik im Meer

Zum einen werden Mikropartikel aus Plastik als Füllstoffe und Bindemittel in Kosmetika verwendet, zum anderen als Schleifmittel in Zahnpasten oder Peelings. Andere Mikrofaserteilchen landen beim Waschen von Kleidungsstücken in Kläranlagen – und werden dort nur zum Teil zurückgehalten.

Am Ende landet alles im Meer. Oder in uns selbst.

Mehrere hundert Millionen Tonnen Plastikmüll treiben in den Ozeanen oder bedecken den Grund der Meere. Teile des Plastiks werden von Wellen und Salzwasser zu kleinen Partikeln zersetzt, so gibt es im Meer inzwischen mehr Plastikpartikel als Plankton. Fische fressen diese Partikel und auf diesem Weg gelangen Plastik und ihre chemischen Stoffe in die Nahrungskette.

Größere Tiere wie Seehunde, Delphine und Schildkröten verheddern sich in Schnüren und Netzen, verletzen sich an Plastikteilen. Andere Teile werden von Vögeln an ihren Nachwuchs verfüttert.

Aber ob als Mikroteil oder größer – oftmals landet Plastik in den Mägen der Tiere und sie verhungern mit vollem Magen. 

Plastik in uns

Plastik ist längst auch in unserem Blut angekommen. Über das Essen, die Kosmetik, die Luft – wir nehmen die Gifte auf, die aus der Plastik freigesetzt werden: Weichmacher und Bisphenol A beispielsweise. Das ist höchst problematisch, denn hormonell wirksame Substanzen wirken bereits in minimalen Dosen.

Kurz: Wir sind von Erdöl ziemlich abhängig. Wir leben in Plastik.

Wir sollten nicht nur öfter mal das Auto stehen lassen, sondern vor allem öfter mal „Plaste fasten" und zum Beispiel immer wieder eine Woche lang den eigenen „Plastik-Konsum" genau betrachten und versuchen, auf Kunststoffe, zum Beispiel bei Umverpackungen, zu verzichten und ressourcenschonender leben. Ob Brenn-, Treib- oder Kunststoffe: Fast in allen Lebensbereichen können Erdölbasierte Produkte weniger genutzt und damit gespart werden.

   

Recycelte Kunststoffe:

  • werden zu neuen PET-Flaschen, zu Nähgarnen und Stoffen, zu Lederimitat und in Outdoorkleidung eingesetzt.
  • sind trotz hohem Energieeinsatz für die Sortierung und Wieder-Weiter-Verarbeitung nach dem meisten Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit empfehlenswert, da Rohmaterial und Energie gespart werden. 

Exkurs: Kaugummis - Plastik im Mund

Wie schon gesagt. Eigentlich halten wir uns ja für „aufgeklärte" KonsumentInnen. Aber über etwas haben wir noch nie wirklich nachgedacht: Kaugummi.

„Gum Base", die Grundsubstanz, besteht zu einem Großteil aus Kunststoff, wird also aus Erdöl hergestellt.

Es ist nicht so, dass Kaugummis im Verdacht stünden, sie, bzw. die „Plaste" darin, seien gesundheitsschädlich. Die eingesetzten synthetischen Thermoplaste sind künstliche Polymere wie Polyvinylether (zum Beispiel Polyvinylacetat) und Polyisobutene (zum Beispiel Butylkautschuk) – also Stoffe, aus denen auch Gummihandschuhe hergestellt werden.

Das erklärt, warum ausgespuckte Kaugummis in der Umwelt kaum verrotten.

Wir machen uns also einerseits Sorgen, ob wir mit Wasser aus PET-Flaschen Chemikalien aufnehmen, kauen aber andererseits auf einem Erdölprodukt herum? Nun ja.

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