BUND Sachsen-Anhalt

Schweinemastanlage Gerbisbach: Industrielle Fleischproduktion schadet Menschen, Tieren und Klima!

27. Mai 2020 | BUND, Landwirtschaft, Massentierhaltung

BUND erwartet abschließendes Urteil

27. Mai 2020: Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in Magdeburg (OVG) wird über die Berufung des Betreibers der Schweinemastanlage Gerbisbach entscheiden. Anfang Mai 2020 hatte das Gericht den Antrag des Schweinemästers, das gerichtliche Verfahren auszusetzen abgelehnt. Der BUND geht davon aus, dass die Mängel nicht behoben werden können und die Genehmigung damit endgültig aufgehoben wird. Darüber hinaus seien der Umbau der Nutztierhaltung und die Reduzierung der damit verbundenen Treibhausgasemissionen sowie der Stopp des Verlusts der Artenvielfalt essentiell, so der BUND.

„Verstöße gegen Umweltauflagen müssen Anlieger sowie Tiere und Natur teuer bezahlen“, sagt Gabi Wolf, Aktive der BUND Kreisgruppe Lutherstadt Wittenberg und Sprecherin der Bürgerinitiative Gerbisbach. „Die geplante Anlage mit mehr als 20.000 Schweinemastplätzen und fast 8000 Ferkelplätzen Gerbisbach gefährdet die Wasserqualität in einem ausgedehnten Grabensystem in der Umgebung der Anlage und stellt eine enorme Belastung für das europäische Schutzgebiet (FFH-Gebiet) dar.“ Der Betreiber der Schweinemastanlage muss geltendes Recht einhalten.

„Schweinemastanlagen, wie in Gerbisbach geplant, reihen sich ein in die destruktive Kette der industriellen Fleischproduktion“, erläutert Ralf Meyer. Der Landesvorsitzende des BUND in Sachsen-Anhalt zählt auf: „Monokultur auf den Äckern, Einsatz von Pestiziden, Verschmutzung des Grundwassers mit Nitrat, der existenzbedrohende Verlust der biologischen Vielfalt, multiresistente Keime, Treibhausgasemissionen und nicht zuletzt die skandalösen Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachthöfen. Wir können so nicht weiterwirtschaften.“

In dieser Haltung sieht sich der BUND durch die in der vergangenen Woche vorgestellte Strategie der EU-Kommission für eine umweltfreundliche Landwirtschaft bestätigt. Der Verband hatte sich zudem in einem Strategieprozess des Ministeriums für Landwirtschaft für eine zukunftsfähige Landwirtschaft beteiligt.

Das Verwaltungsgericht Halle hatte die Genehmigung für die Schweinemastanlage Gerbisbach am 26. Februar 2019 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Grund hierfür waren mehrere falsche Beurteilungen der Auswirkungen der Anlage auf die Natur in der Umgebung, insbesondere auf Biotope und Gewässer. Gegen dieses Urteil legte der Schweinemäster beim Oberverwaltungsgericht Berufung ein. Danach beantragte der Schweinemäster jedoch beim OVG, das Berufungsverfahren auszusetzen, damit die vom Verwaltungsgericht in dem Urteil festgestellten Fehler geheilt, also korrigiert, werden können. Diesen Antrag hat das OVG abgelehnt. Das Verfahren wird also fortgeführt.

Wenn das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle bestätigt, muss die Anlage so lange stillgelegt werden, bis die Genehmigungsbehörde entschieden hat, ob eine geänderte Genehmigung erteilt wird. Das OVG kann die Genehmigung aber auch endgültig aufheben.

Hintergrund:

Eine Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens zur sogenannten Heilung von Fehlern ist nur für Verfahrensfehler zulässig. Solche Verfahrensfehler hatte das Verwaltungsgericht Halle im Februar 2019 nicht festgestellt, obwohl sie vom BUND als Kläger vorgetragen worden waren. Die zuständige Behörde – das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt – sah daher auch keinen Anlass, das Verfahren zur Heilung von Verfahrensfehlern erneut aufzugreifen. Damit, so das OVG, liegen die Voraussetzungen für die von dem Schweinemäster beantragte Aussetzung nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigung nicht wegen Verfahrensfehlern, sondern wegen inhaltlicher Mängel für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Das Verwaltungsgerichthatte vor allem moniert, dass die Frage, ob es zu Schäden an Lebensräumen in dem europäischen FFH-Schutzgebiet oder an Biotopen kommt, im Genehmigungsverfahren nicht ausgeschlossen werden konnte.

Die Genehmigungsbehörde, das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, hatte gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts keine Berufung eingelegt, sondern das Urteil akzeptiert. Der Schweinemäster kann nun in einem sog. ergänzenden Verfahren versuchen, die vom Verwaltungsgericht festgestellten Fehler nachzubessern. Auf dieser Grundlage muss er jedoch eine geänderte Genehmigung beim Landesverwaltungsamt beantragen. Ob diese erteilt werden kann, ist völlig offen.

Rückfragen:

Ralf Meyer, Landesvorsitzende des BUND in Sachsen-Anhalt, mobil: 0163-2901803

Gabriele Wolf, BUND Kreisgruppe Wittenberg, mobil: 0173-1614189

Rechtsanwalt Peter Kremer, Tel.: 030-28876783

 

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Halle zum Urteil vom 26.2.2019

(VG HAL) Schweinemastanlage in Gerbisdorf

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen des BUND gegen die Genehmigung der Schweinemastanlage Gerbisdorf entschieden. Der Anlagestandort befindet sich in unmittelbarer Nähe des FFH-Gebietes 4244-302 Gewässersystem Annaburger Heide südöstlich Jessen, das aus einem System von Gräben, und Bächen besteht. Auf dem geplanten Standort befand sich bis Anfang der 1990er Jahre eine Stallanlage für Jungrinder.

Mit Bescheid vom 10. August 2009 erteilte der Beklagte die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schweinemastanlage für 20.160 Schweinen und 7.962 Ferkeln, einer Verbrennungsmotoranlage, einer Anlage zur Lagerung von Gülle mit einem Fassungsvermögen von 18.260 m³ und einem Lagerbehälter für Flüssiggas mit einem Rauminhalt von 6.400 m³. Nach der beigefügten Nebenbestimmung erlischt die Genehmigung, wenn die Anlage nicht bis zum 31. Dezember 2011 in Betrieb genommen wird. Die Genehmigung enthält weitere Nebenbestimmungen, u. a. zur Abluftreinigung, zur Ableitung der Abgase des Blockheizkraftwerkes, zur Abdeckung der Gärrestelager sowie die Anordnung von begleitenden Monitorings für die LRT 3260 und 3150 und zwei Biotope und zeitnahe Reaktionen auf möglicherweise im Monitoring festgestellte Beeinträchtigungen. Die im Genehmigungsbescheid durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die Anlage für die LRT 3150 und 3260 zu noch tolerierbaren Beeinträchtigungen führe.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2011 wurde der Genehmigungsbescheid  auf einen neuen Betreiber, die jetzige Beigeladene übertragen, die den Betrieb am 26. Mai 2014 aufnahm. Mit Bescheiden vom 5. September 2013 und 8. Juni 2015 verlängerte der Beklagte jeweils den Genehmigungsbescheid und genehmigte mit weiteren Bescheiden diverse Änderungen hinsichtlich der Errichtung der Anlage.

Mit seinen Klagen wendet sich der Kläger  gegen die Verlängerungen des Genehmigungsbescheides  und begehrt die Aufhebung der Genehmigung.

In einem vorangegangenen Verfahren hatte das Gericht die Klage gegen den Genehmigungsbescheid mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei präkludiert, weil er seine Einwendungen nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist geltend gemacht habe (Urteil vom 28. August 2012 -, 4 A 51/10 HAL). Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteile des Verwaltungsgerichts und das nachfolgende Urteil des Oberverwaltungsgerichts (vom 28. November 2013 -, 2 L 157/12) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung mit der Maßgabe an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen, dass die Klagebefugnis des Klägers gegeben sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage hinsichtlich der begehrten Aufhebung der beiden Verlängerungsbescheide (8 A 387/18 HAL) wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 28/18 ausgesetzt. Hier wird das Bundesverwaltungsgericht sich mit der Frage zu befassen haben, ob der Kläger hinsichtlich der Klagen gegen die Verlängerung der Genehmigung klagebefugt ist, d. h. ob er in eigenen Rechten verletzt ist.

Im Hinblick auf die Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 10. August 2009 hat das Gericht festgestellt, dass dieser rechtswidrig und nicht vollziehbar ist. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung genüge nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Bei der Immissionsprognose lägen fachliche Mängel bezüglich der Ermittlung der von der Anlage ausgehenden Immissionen vor. Da diese Fehler  in einem ergänzenden Verfahren beseitigt werden können, sei aber nicht die Aufhebung der Genehmigung auszusprechen, sondern nur deren Rechtswidrigkeit festzustellen.

Das Verwaltungsgericht hat in dem Verfahren 8 A 388/18 HAL die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zugelassen.

VG Halle, Urteile vom 26. Februar 2019 –  8 A 387/18 HAL und 388/18 HAL

Mit freundlichen Grüßen

Nicola  Baus

Richterin am Verwaltungsgericht

Pressesprecherin

Verwaltungsgericht Halle

Thüringer Straße 16

06112 Halle (Saale)

Mail: presse.vg-hal(at)justiz.sachsen-anhalt.de

Web: www.vg-hal.sachsen-anhalt.de

 

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