BUND Sachsen-Anhalt

Umstrittene Planungen zur Elbe-Staustufe Děčín

02. September 2018 | BUND, Flüsse & Gewässer, Lebensräume, Naturschutz

Prag / Dresden / Bad Schandau, 27. August 2018

Wasserstraße Elbe – ein Auslaufmodell?

Umweltorganisationen BUND und Arnika fordern Stopp der Planungen
Bei extremem Niedrigwasser begeben sich Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler und Politiker mit Umweltschützern am heutigen Montag auf eine ca. 20 Kilometer lange Fahrt in großen Schlauchbooten von Děčín (Tschechien) nach Bad Schandau (Sachsen). Im Fokus des „Dialog im Boot“ stehen die tschechischen Staustufenplanungen aber auch mögliche Alternativen.
Seit über zwei Jahrzehnte kritisieren Umweltschützer in Deutschland und Tschechien vehement die Planung weiterer Staustufen an der Elbe. Die deutsche Bundesregierung lehnt aus ökologischen und aus ökonomischen Gründen den Bau von Staustufen strikt ab. Tschechische Behörden hingegen reichen zum sechsten Mal die Unterlagen zu dem Mammut-Projekt Staustufe Děčín zur Genehmigung ein, während an der Elbe im fünften Jahr in Folge extremes Niedrigwasser herrscht. Die Umweltverbände BUND und Arnika fordern die sofortige Einstellung der Staustufenplanungen. 

„Seit Januar erreichte die deutsche Elbe an 74 Tagen noch nicht mal eine Fahrrinnentiefe von einem Meter – das entspricht einem Drittels des Jahres 2018. Da sind keine Transporte mehr möglich“, sagt Nikol Krejčová von der tschechischen Umweltorganisation Arnika. In den Jahren seit 2013 war die Situation ähnlich. „Die extremen Niedrigwasser in Deutschland legten den Gütertransport auf dem Fluss bis zu sieben Monate jedes Jahr lahm. Das macht deutlich: Auf der Elbe zuverlässig Güter nach Hamburg zu transportieren ist ein Hirngespinst. Denn eins ist sicher: Auch nach dem geplanten Staustufenbau kämen die Schiffe nicht weiter. Hier wird verantwortungslos mit Steuermitteln und nicht zu Letzt mit den Hoffnungen der Bevölkerung umgegangen. Unsere einmalige Flusslandschaft wäre zerstört – ein ökologisches und ökonomisches Desaster!“ 

Iris Brunar vom BUND Elbeprojekt ergänzt: „Es ist illusorisch zu glauben, dass sich die Schiffbarkeit der Elbe in Deutschland maßgeblich verbessern würde, dies wird seit 25 Jahren versucht – aber ohne Erfolg. 600 Millionen Euro wurden für die Wasserstraße und die Häfen ausgegeben. Gebracht hat es nichts. Es werden immer weniger Güter transportiert.“
Zwar werde in Deutschland eine Fahrrinnentiefe von 1,40 Meter angestrebt, doch diese könne nur erreicht werden, wenn eine bestimmte Wassermenge vorhanden ist und wenn zugleich die Umwelt- und Naturschutzziele umgesetzt werden. „Eine Antwort, woher das erforderliche Wasser kommen soll, gibt es nicht“, so Brunar, die den BUND bei den Gesprächen zum Gesamtkonzept Elbe vertritt.

„Derartige Niedrigwasserphasen können in Zukunft noch häufiger werden“, erläutert Dr. Tobias Conradt, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Vieles, was derzeit noch extrem erscheint, wird in den kommenden Jahrzehnten üblich werden, denn durch den Klimawandel erleben wir sowohl Trends (Veränderung der mittleren Verhältnisse über mehrere Jahrzehnte) als auch eine Vergrößerung der Schwankungsbreiten.“
Konstante Fahrbedingungen, wie sie für die Planbarkeit von Gütertransporten auf der Elbe benötigt werden, seien in der Zukunft noch weniger als jetzt zu erwarten. Daher fordern die Umweltorganisationen ein Umdenken an der Elbe. Statt die Elbe zu einer Wasserstraße auszubauen, plädieren sie dafür, das wirtschaftliche Potential der naturnahen Flusslandschaft für die Region zu erkennen und zu nutzen. 

Geschützte Naturlandschaften sind attraktiv und locken zahlungskräftige Reisende an. In Sachsen steigerte sich das Umsatzvolumen des Elberadwegs laut Sächsischer Staatsregierung von ca. 70 Millionen Euro im Jahr 2003 bis über 160 Millionen Euro im Jahr 2015. „Erholungssuchende zieht es in ihrer freien Zeit in die Natur“, schildert Daniel Mourek, Koordinator des Elberadwegs in Tschechien. „Naturnahe Flusslandschaften sind dabei besonders beliebt.“

An der Fahrt Dialog im Boot haben u.a. teilgenommen:
Stephan Kühn, Mitglied des Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen, André Hahn, Mitglied des Bundestages für die Linke, Dr. Tobias Conradt, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Ralf Wätzig, SPD Kreisvorsitzender SOE SPD; Dana Balcarová, Mitglied des tschechischen Parlaments für Die Piraten, Daniel Mourek, Koordinator des Elberadwegs und der europäischen Rad-Routen EuroVelo in Tschechien, Jiří Škoda, Mitglied des Stadtrats in Usti nad Labem, Dan Vondrouš, Direktor des Verbandes tschechischer Umweltorganisationen.

Für Rückfragen und Statements der Teilnehmenden:
Iris Brunar
Mobil: +49 178 1630204
iris.brunar@bund.net

Nikol Krejčová,
Mobil: +420 776 744 484
nikol.krejcova@arnika.org


Jiří Kaňa (Presseprecher)
Mobil: +420 606 727 942
jiri.kana@arnika.org 

BUND-Elbeprojekt, Kirschweg 15, 06846 Dessau

Arnika, Delnicka 13, 170 00 Prague 7

Unter www.bund-sachsen.de/elbe finden Sie weitere Hintergrundinformationen zur Elbe und zur Staustufe Děčín, wie z.B.: „Flusslandschaft Elbe – Staustufe Děčín, Behauptungen auf dem Prüfstand“ sowie die jüngste Stellungnahme des BUND zum Staustufenprojekt Děčín.
 

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