Pressemitteilung der Landesverbände Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und des BUND-Elbeprojektes
Anlässlich des Internationalen Tages der Biologischen Vielfalt am kommenden Freitag, den 22. Mai 2020, und dem heutigen Bericht zur Lage der Natur (Natura 2000) des Bundesamts für Naturschutz (BfN) und des Bundesumweltministeriums macht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf die katastrophale Lage der Flusslandschaft an der Elbe aufmerksam. Die Elbe ist nahezu auf ihrer gesamten Strecke als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen und zudem ein „Hot Spot“ der Artenvielfalt in Deutschland. Damit besteht nach Auffassung des BUND eine besondere Verantwortung für ihren Schutz und die Verpflichtung, einen günstigen Erhaltungszustand herzustellen.
„Die Bundesregierung muss ihre Anstrengungen verstärken, um die Elbe, ihre Auen und die Vielzahl der Arten, die entlang des Flusses ihren Lebensraum haben, zu retten“, erklären die BUND-Vertreter*innen der Landesverbände übereinstimmend. „Viele der Auengewässer sind aufgrund der anhaltenden Dürre, aber auch durch einen schädlichen Umgang mit der Flusslandschaft ausgetrocknet und verlandet. Amphibien, wie Moorfrosch und Rotbauchunke, sitzen buchstäblich auf dem Trockenen und können nicht laichen. Deshalb müssen jegliche Baumaßnahmen entlang der Elbe auf den Prüfstand, mit dem Ziel, das Refugium der Artenvielfalt zu erhalten.“
Neben Amphibien sind auch andere Arten in Gefahr wie die Grüne Mosaikjungfer, die schon jetzt auf der Roten Liste in der Kategorie 1 aufgeführt wird. Diese Libellenart ist bei ihrer Eiablage auf die Wasserpflanze Krebsschere angewiesen, ebenfalls eine Rote Liste-Art. Und auch die Hartholzaue, deren mit Abstand größten Bestände an der Elbe zu finden sind, braucht Dynamik und temporäre Überflutungen. Nach Erkenntnissen des BUND sind viele der Bäume an der mittleren Elbe stark geschädigt – andere sind schon abgestorben.
Die BUND-Landesverbände weiter: „Die anhaltende Trockenheit sowie ausbleibende Frühjahrshochwasser sind Gründe für den katastrophalen Zustand, aber es sind nicht die einzigen. Verstärkt wird der Wassermangel durch die Tiefenerosion der Elbsohle. Durch den sinkenden Wasserspiegel der Elbe sinkt auch der Grundwasserspiegel in der Aue, der somit das Wasser entzogen wird.“
Seit den 1990er Jahren wurden an der auf 550 kilometerlangen frei fließenden Elbe über 1700 Flussbauwerke erneuert, mit dem Ziel die Fahrrinne zu vertiefen, die Schiffbarkeit zu verbessern und so mehr Güterverkehr auf den Fluss zu verlagern. Dies ist nicht gelungen. Das Gegenteil ist sogar eingetreten: Die Transporte sind um 90 Prozent eingebrochen. Zudem wurden die Baumaßnahmen weder auf ihre Wirtschaftlichkeit noch auf ihre Umweltverträglichkeit hin überprüft.
Hierzu erklärt Iris Brunar, Koordinatorin des BUND-Elbeprojekt: „Jetzt gibt es die Quittung. Die Baumaßnahmen waren wirtschaftlich gesehen ein Flopp und für die Natur eine Katastrophe. Der Zustand vieler seltener und geschützter Lebensräume entlang der Elbe verschlechtert sich so dramatisch, dass die Vielfalt von Tieren und Pflanzen gefährdet ist. Deshalb muss die Bundesregierung beisteuern, den Kurs an der Elbe ändern und endlich den Natur- und Umweltschutz in den Mittelpunkt der Maßnahmen stellen.“
Leider sei trotz des Gesamtkonzeptes Elbe, das die Bundesregierung vor drei Jahren verabschiedet hat, die Verbesserung der Vernetzung von Fluss und Aue nicht vorangetrieben worden. Brunar: „Die Rückführung der Entkopplung von Fluss und Aue soll zu einer besseren Anbindung von Auengewässern und Auenflächen und zu einer Verbesserung des ökologischen Zustands führen. Das haben die Bundesregierung und die Länder vereinbart. Doch passiert ist nahezu nichts. Das muss sich ändern.“
Abschließend fordern die BUND-Landesverbände entlang der Elbe, dass die sogenannten Unterhaltungsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit auf den Prüfstand müssen. „Der Fokus muss auf den Erhalt des Lebensraumes der Flusslandschaft Elbe gelegt werden. Die Tiefenerosion, und damit die Entkopplung von Fluss und Aue, muss gestoppt und umgekehrt werden. Nur Maßnahmen, die positive Auswirkungen auf die Ökologie haben, dürfen umgesetzt werden.“ In dieser Haltung sehen sich die BUND-Vertreter*innen auch durch die Ergebnisse der 94. Umweltministerkonferenz vom 15.5.2020 bestätigt.
Hintergrund:
Der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt am 22.05 erinnert an die Verabschiedung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD). Es ist mit seinen über 190 Vertragsparteien das umfassendste verbindliche internationale Abkommen im Bereich Naturschutz und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Ziel ist, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten sowie die Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume) zu schützen, denn die ökologische Vielfalt ist auch die Lebensgrundlage für den Menschen.
Natura 2000 ist das europaweite Schutzgebietsnetzwerk, das aus Schutzgebieten der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie besteht. Es bildet das Rückgrat des europäischen. Es ist ein wichtiger Beitrag für den Schutz der Artenvielfalt. 98 Prozent aller EU-Bürger*innen leben in weniger als 20 Kilometer Entfernung von einem Schutzgebiet und profitieren so von seinen Leistungen als Naherholungsraum und von der landschaftlichen Schönheit. Natura 2000 schützt das Grundrecht zukünftiger Generationen auf eine lebenswerte Umwelt. Eine Verschlechterung darf es nicht geben.
Das Gesamtkonzept Elbe wurde vor über drei Jahren verabschiedet. Darin wurden die Erreichung der ökologischen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, von Natura 2000 und der Nationalen Biodiversitätsstrategie bekräftig. Viel Geld – ein dreistelliger Millionenbetrag (240 Mio.) – wurde von der Regierungskoalition 2017 für ökologische Maßnahmen versprochen.
Rückfragen:
Iris Brunar, BUND-Elbeprojekt, mobil: 0178 / 16 30 204, iris.brunar(at)bund.net
Axel Kruschat, BUND Brandenburg, Geschäftsführer, mobil: 0179 / 59 11 698, axel.kruschat(at)bund.net
Dieter Leupold, stellvertretender Vorsitzender des BUND Sachsen-Anhalt, mobil: 0151 / 12 55 88 30, gruenesband(at)bund-sachsen-anhalt.de
Annelie Treu, Pressereferentin BUND Sachsen, Büro: 0351 / 847 544 62, presse(at)bund-sachsen.de