Vor genau 35 Jahren setzte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein starkes Zeichen für Naturschutz, Geschichte und europäische Zusammenarbeit: Am 9. Dezember 1989 entstand auf dem ersten gemeinsamen deutsch-deutschen Naturschützertreffen nach dem Zweiten Weltkrieg die Vision, aus dem Todesstreifen der innerdeutschen Grenze das Grüne Band Deutschland zu schaffen. Anfang 2024 hat Deutschland das Grüne Band als Welterbestätte bei der UNESCO vorgeschlagen. Durch die Auszeichnung könnte der dauerhafte Schutz und gleichzeitig auch die Anerkennung des Natur- und Kulturwertes des Grünen Bands erreicht werden. Bis zur Anerkennung als UNESCO-Welterbe ist es allerdings noch ein weiter Weg. Grundvoraussetzung ist dabei ein bestehender durchgängiger Schutz - ein Fünftel des Grünen Bandes ist noch nicht als Nationales Naturmonument (NNM) ausgewiesen.
Dieter Leupold, Projektleiter am Grünen Band: „In Sachsen-Anhalt ist das Grüne Band seit 2019 als Nationales Naturmonument ausgewiesen. Das Land hat somit seinen Teil dazu beigetragen, um eine Anerkennung als UNESCO-Welterbe zu ermöglichen. Jetzt sind die Bundesländer Sachsen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gefragt, das Grüne Band als Nationales Naturmonument auszuweisen.“
In der nördlichen Altmark ist es dem BUND gelungen, das Grüne Band zu einem weitgehend lückenlosen Biotopverbund zu entwickeln, so dass Tier- und Pflanzenarten entlang des Grünen Bandes wandern und sich neue Lebensräume erschließen können. Auch Gebiete, die unmittelbar an das Grüne Band angrenzen, hat der BUND renaturiert. Die Bestände vieler seltener Arten wie das Braunkehlchen und Wiesenbrüter konnten erhöht und gesichert werden. Die für die Altmark typischen artenreichen Feuchtwiesen bleiben erhalten, weil Landwirte in Kooperation mit dem BUND die Bewirtschaftung naturschutzgerecht ausführen.
Der BUND hat viele spannende Orte am Grünen Band als Erlebnispunkte für Besucher*innen entwickelt - alle untereinander verbunden durch den 170 km langen Vier-Länder-Grenzradweg. Dieser Radweg lädt dazu ein, den besonderen Dreiklang des Grünen Bandes aus Naturschutz, Grenzgeschichte und Kultur in der Altmark, Wendland und entlang der Elbe zu erleben.
Dieter Leupold: „Leider ist das Grüne Band nicht überall ein durchgängiges Biotop. Sachsen-Anhalt hat in Deutschland mit rund 30 Prozent den größten Anteil an Lücken im Biotopverbund Grünes Band. Bundesweit sind es nur 11 Prozent. Sachsen-Anhalt hat also eine besondere Verantwortung, die Lücken zu schließen, damit das Grüne Band als Klimakorridor und durchgehender Biotopverbund für Tiere und Pflanzen, aber auch als lebendige Erinnerungslandschaft an die deutsche und europäische Zeitgeschichte erhalten und weiterentwickelt werden kann. Bundesweit sind für diesen Lückenschluss 50 Mio. € notwendig. Deshalb fordert der BUND von der nächsten Bundesregierung hierfür einen Sonderfonds einzurichten.“
Neben dem Naturschutzwert muss auch die kulturhistorische Bedeutung des Grünen Bandes gesichert werden. Dafür braucht es eine bundesländerübergreifende Welterbe-Geschäftsstelle, die diesen Prozess professionell und langfristig begleitet. Ein erster wichtiger Schritt ist die Einrichtung eines vorläufigen Welterbebüros für das Grüne Band, das vom BUND in Kooperation mit dem Deutschen Kulturrat e.V. getragen und vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) gefördert wird. Der Nominierungsprozess für das Welterbe wird aktuell auch über zwei neu gestartete, vom BUND durchgeführte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben unterstützt, mit Mitteln vom Bundesamt für Naturschutz.
Hintergrund:
Das Grüne Band Deutschland ist ein 1400 km langer Biotopverbund entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Seit der Teilung Deutschlands hat sich der einstige Grenzstreifen zu einem einzigartigen Rückzugsort für seltene Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Das Grüne Band verbindet heute Lebensräume von nationaler und internationaler Bedeutung und umfasst zahlreiche Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete.
Zu bedeutenden Arten am Grünen Band in Sachsen-Anhalt zählen insbesondere der Torfwiesen-Scheckenfalter, der Luchs, die Kreuzotter, die Schlingnatter, das Braunkehlchen und der Kiebitz sowie seltene Orchideenarten, wie zum Beispiel das Breitblättrige Knabenkraut. Diese Vielfalt wird durch gezielte Maßnahmen wie Beweidung mit Rindern, Ziegen oder Schafen geschaffen, die eine halboffene Landschaft fördern und so das Grüne Band langfristig erhalten. Die Schutzmaßnahmen und das Engagement vieler Beteiligter haben das Gebiet zu einem Hotspot der Biodiversität in oftmals ausgeräumten und artenarmen Agrarlandschaften gemacht.
Das Grüne Band ist außerdem Teil des über 12.500 km langen Grünen Bandes Europa, das sich vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer und an die Adria erstreckt. Es verbindet zahlreiche Schutzgebiete entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs und repräsentiert die Verbindung von Naturschutz und Zeitgeschichte in Europa.
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