BUND Sachsen-Anhalt

BUND sieht erhebliche Bedrohungen für den Stadtforst Salzwedel am Grünen Band:

12. Juli 2019 | BUND, Flüsse & Gewässer, Grünes Band, Klimawandel, Lebensräume, Naturschutz

Trocken gefallener Graben im Grünen Band, angrenzend an den Stadtforst Salzwedel (Foto: BUND). Das Foto zeigt Dieter Leupold bei einem Lattenpegel in einem seit mehreren Monaten ausgetrockneten Graben: hier fehlen am Wasserstand mind. 100 cm!!!

Veränderungen im Wasserhaushalt bedrohen die Artenvielfalt und den Klimaschutz

 

Anlässlich der heutigen Demonstration von Fridays for Future in Salzwedel wies Dieter Leupold, stellvertretender Landvorsitzender des BUND Sachsen-Anhalt, auf die erhebliche Bedrohung des Stadtforstes Salzwedel hin, die sich aus schwerwiegenden Änderungen im Wasserhaushalt für diesen Feuchtwald ergeben. Durch das Öffnen von Stauanlagen haben sich sowohl Wasserstände im Gebiet als auch die Wasserführung verändert. Dadurch sinken die Wasserstände in naturschutzfachlich sehr wertvollen Teilbereichen und das Wasser erreicht manche Teilflächen überhaupt nicht mehr. Verschärft wird die Situation durch die extreme Trockenheit des letzten Jahres und der bisher noch nicht erfolgte Ausgleich des Niederschlagsdefizits. Dadurch sind sehr wertvolle Feuchtlebensräume akut bedroht. So ist der Kranich auf hohe Wasserstände zur Brutzeit angewiesen, da dies als Schutz seiner Gelege vor Fressfeinden dient.
„Wir mussten in diesem Frühjahr feststellen, dass die Blüte der Wasserfeder, einer Charakterart sehr nasser Erlenbruchwälder, nahezu vollständig ausgefallen ist. Dies sollte ein Alarmsignal für uns alle sein, denn es zeigt sehr deutlich, dass die Natur bereits auf die veränderten Wasserstände reagiert hat“ so die Feststellung von Dieter Leupold.

Neben der Gefährdung der Biodiversität hat die Entwässerung von Moorstandorten auch eine erhebliche Klimarelevanz. Denn entwässerte Moorböden setzen erhebliche Mengen CO2 frei: durch die Absenkung des Grundwasserstandes kommt es zu einem Abbau der organischen Substanz der Torfböden, so dass der Moorkörper in sich zusammen sackt. Das beim Abbau entstehende CO2 entwicht in die Atmosphäre. Dabei können jährlich bis zu 30 t CO2/ha frei gesetzt werden. Dies entspricht ungefähr dem 2,5 fachen des CO2-Fußabdrucks eines Durchschnittsbundesbürgers.

„Damit bestätigen sich die Befürchtungen des BUND, dass die vor zwei Jahren vollzogene Privatisierung des Stadtforstes Salzwedel zu erheblichen Verschlechterungen in diesem bundesweit einmaligem Feuchtwald führen wird. Wir sind daher sehr froh, dass Fridays for Future Salzwedel diese Bedrohung jetzt auch aufgegriffen und mit zum heutigen Thema ihrer Demonstration gemacht hat“ freut sich Dieter Leupold.

„Wer angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen beim Klima- und Artenschutz meint einen solchen Lebensraum entwässern zu können, hat die Anforderungen der heutigen Zeit nicht verstanden. Wir fordern daher den neuen Waldeigentümer auf alles zu unterlassen was zu einer

 

Verschlechterung des ökologischen Zustandes dieses Feuchtwaldes beiträgt. Zugleich fordern wir die zuständigen Umweltbehörden zu einem konsequenten Handeln auf, denn dieser Wald unterliegt einem sehr strengen Schutzregime, mehr geht in Deutschland nicht“ benennt der BUND seine zentralen Forderungen. „Wir werden als BUND auch in Zukunft ein sehr wachsames Auge auf alle Entwicklungen im Stadtforst Salzwedel werfen.“

Hintergrundinfos:

Der Stadtforst Salzwedel stellt mit einer Größe von ca. 1.500 ha einen der größten unzerschnittenen Feuchtwaldkomplexe in Deutschland dar. Durch seine Lage am Grünen Band, der ehemaligen innerdeutschen Grenze, ist er von vielen Eingriffen in den vergangenen Jahrzehnten verschont geblieben und besitzt eine überregionale, bundesweite Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz. Besonders hervorzuheben sind die bedeutenden Vorkommen von Kranichen, verschiedenen Fledermaus- und Amphibienarten sowie Tagfaltern. Daneben beherbergt er auf einer Fläche von ca. 300 ha eines der größten Vorkommen eines Wasserfeder-Erlenbruchwaldes, einer Waldgesellschaft die bundesweit sehr stark gefährdet ist und auf ganzjährig hohe Wasserstände angewiesen ist. Der Stadtforst Salzwedel stellt eine der großflächigen Perlen des Naturschutzes am Grünen Band dar.

Der Stadtforst Salzwedel stockt auf ausgedehnten Niedermoorböden mit einer Mächtigkeit von bis zu 4 m. Nur hohe Wasserstände können den Torfkörper erhalten und die Freisetzung klimarelevanter Treibhausgase verhindern.

Der Stadtforst Salzwedel ist Bestandteil des europaweiten Schutzgebietsnetzwerkes Natura 2000 und sowohl nach der EU-Vogelschutz- als auch FFH-Richtlinie streng geschützt, zudem seit Ende letzten Jahres durch die Natura 2000 Landesverordnung. Erlenbruchwälder sind zudem gesetzlich besonders geschützte Biotope und viele der im Stadtforst vorkommenden Arten unterliegen einem strengen Schutzregime gem. Bundesartenschutzverordnung.

Vor ca. zwei Jahren sah die Stadt Salzwedel sich gezwungen den Stadtforst Salzwedel an einen Privatinvestor zu verkaufen um ihre akuten Haushaltsprobleme zu lösen. Ein Verkauf an den BUND war politisch nicht gewollt, obwohl der BUND Kaufangebote für Teilflächen abgegeben hatte. Auch das Land Sachsen-Anhalt sah sich nicht in der Lage den Stadtforst zu erwerben und damit dauerhaft für den Naturschutz zu sichern.

 

Für weitere Informationen:

Dieter Leupold, stv. Landesvors. BUND Sachsen-Anhalt & Projektleiter Grünes Band Sachsen-Anhalt

Tel.: 0151/12558830, e-mail: gruenesband@bund-sachsen-anhalt.de

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