BUND Sachsen-Anhalt

Gipskarst Südharz – Profite wichtiger als Klima- und Biodiversitätsschutz? BUND Sachsen-Anhalt zeigt Alternativen für Naturgipsabbau auf

20. April 2023 | BUND, Harz, Kreisgruppen, Wälder

In der Diskussion zwischen FDP und Grünen bezieht nun auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz Sachsen-Anhalt e. V. Stellung. Der BUND hält das Ziel der FDP, die Gipsvorkommen im Südharz zum Abbau freizugeben, für rückwärtsgewandt und fordert, das einmalige Biosphärenreservat Südharz zu schützen, statt dem Gipsabbau zu opfern.

Knapp die Hälfte des deutschen Gipsbedarfs von zehn Millionen Tonnen pro Jahr entsteht aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) der Kohlekraftwerke. Durch den Kohleausstieg fehlt zukünftig auch das Nebenprodukt – der REA-Gips. Weltmarktführer für Gipsprodukte, Knauf, plant, den Rohstoffbedarf der Bauindustrie in den nächsten Jahren durch den Gipsabbau in gigantischen Kratern in der Natur auszugleichen. Erste Explorationen für weitere Abbau-Projekte im Südharz in Sachsen-Anhalt laufen bereits. 

Christian Kunz, Geschäftsführer BUND Sachsen-Anhalt: „Die Firma Knauf und die FDP agieren in dieser Hinsicht sehr kurzsichtig und provozieren die weitere Zerstörung dieser einzigartigen Naturlandschaft. Eine Lösung besteht darin, mithilfe der Strukturwandelmittel das Gipsrecycling und Sekundärgipsquellen in den Fokus zu rücken“, schlägt Kunz vor.

Gips kann zu einhundert Prozent wiederverwertet werden. Viel zu oft landet er jedoch auf Deponien. Laut Hochrechnungen des Bundesverbands der Gipsindustrie e. V. lag der Wiederverwertungsanteil 2020 lediglich bei zehn Prozent.* Ein zweiter Ansatz ist die Verwendung alternativer Baustoffe.

Kunz: „Der Landkreis Mansfeld Südharz wird davon profitieren, wenn er sich parallel zum Kohleausstieg durch die Produktion von Leichtbauplatten aus Recyclingbaustoffen wie Lehm, Holz und Stroh als Vorreiter für Biodiversität- und Klimaschutz aufstellt. Eine progressive Landespolitik kann die Berufsausbildung beim Baugewerbe darauf hin fördern, dass Module wie Stroh- und Lehmleichtbau ganz selbstverständlich die Lehrpläne von morgen bereichern“. Laut einer vom BUND in Auftrag gegebenen Studie aus dem Jahr 2020 bedarf es trotz des Wegfalls von REA-Gips keiner neuen Steinbrüche.**

Zweigleisige Ausrichtung der Landesregierung

Bereits 2009 wurde die Karstlandschaft Südharz als weltweit einzigartig bewaldeter Karst auf Gips zu einem 30 000 Hektar umfassenden Biosphärenreservat erklärt. Bisher äußerte die Landesregierung Interesse daran, die internationale Anerkennung durch die UNESCO anzustreben. Der BUND würde diese Bemühungen begrüßen. Mit den Bohrungen im Gebiet leidet jedoch die Glaubwürdigkeit der Landesregierung am Schutz des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz. 

Hintergrund: Die Karstlandschaft Südharz, die sich über Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen erstreckt, ist aufgrund ihres Artenreichtums einer von 30 Biodiverstitäts-Hotspots Deutschlands. Hier finden sich vielfältige Karsterscheinungen wie Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Bachschwinden, die in so hoher Anzahl auf engsten Raum einmalig in Europa sind. Das Gipskarstgebiet im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa.
Zahlreiche Amphibien finden in den wassergefüllten Erdfällen, in Schluchtwäldern oder Quellsümpfen ihre Heimat, während die dichten und strukturreichen Wälder gefährdeten Arten wie Wildkatze, Uhu und verschiedenen Fledermäusen als Lebensraum dienen.


* https://www.gips.de/aktuelles/detail/recycling-von-gips-als-beitrag-zur-ressourcenschonung/

** Kurzzusammenfassung des Gutachtens "Umweltverträgliche Alternativen zum Abbau von Naturgips" (bund-thueringen.de)


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