BUND Sachsen-Anhalt

Wildkatzenbestände in Deutschland auf dem Weg nach oben

01. August 2017 | Lebensräume, Naturschutz, Wildkatze

Eines der größten Citizen Science-Projekte Europas mit über 1000 Freiwilligen erfolgreich beendet

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, BfN, BMUB und SGNzum 1. August 2017

Bonn/Berlin, 1. August 2017: Das Projekt „Wildkatzensprung“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt findet nach über sechs Jahren seinen erfolgreichen Abschluss.
Das vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) koordinierte Projekt ist eines der größten Naturschutzprojekte Europas, nicht nur in Hinblick auf die flächenmäßige Ausdehnung, sondern auch in Hinblick auf die vielfältige Beteiligung. Das Bundesamt für Naturschutz hat den „Wildkatzensprung“ des BUND mit 3,85 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Zum Erhalt der Wildkatze koordinierte der BUND zahlreiche Akteurinnen und Akteuren aus Behörden, Jagd, Forstwirtschaft, Wissenschaft und Ehrenamt in Sachsen-Anhalt. Insbesondere die Unterstützung durch bundesweit 1.200 Freiwillige und durch Wildkatzen-Botschafterinnen und -Botschafter, die u.a. Haarproben mit Hilfe von Lockstöcken im Harz und Harzvorland sammelten, machten den „Wildkatzensprung“ zu einem beispielhaften „Citizen Science“-Projekt, so Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND.

„Die Hauptlebensräume der Wildkatze, nämlich die naturnahen Wälder, sind oft durch Straßen, landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Siedlungen voneinander isoliert. Das führt zu schwer überwindbaren Hindernissen und Gefahren für die Wanderungen der Wildkatze. Diese sind aber nötig, um neue Lebensräume erschließen und sich inzuchtfrei vermehren zu können“, sagt die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Prof. Beate Jessel. „Um ihr und zugleich vielen anderen gefährdeten Tieren eine langfristige Überlebenschance zu geben, ist daher eine deutschlandweite Vernetzung der Wälder von großer Bedeutung“, betont Prof. Beate Jessel.

„Das Projekt Wildkatzensprung zeigt, dass die Wiedervernetzung von Wäldern machbar ist. Das ist für die Natur und die Artenvielfalt in Deutschland besonders wichtig. Zu lange wurde beim Flächenverbrauch die Notwendigkeit durchgängiger Wanderungskorridore nicht gesehen. Darauf hat die Bundesregierung reagiert und aktuell das Bundeskonzept Grüne Infrastruktur vorgelegt. Das Projekt „Wildkatzensprung“ ergänzt diese Initiative des Bundes ausgezeichnet und trägt durch die Pflanzung von Korridoren zur Verbesserung unserer grünen Infrastruktur insgesamt bei“, so Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. „Das Projekt hat Pilot-Charakter. Vor dieser Leistung habe ich großen Respekt.“

„Die im Projekt entwickelte Gendatenbank für die Wildkatze ist für die Wissenschaft einzigartig und wegweisend für weitere Projekte. Die gespeicherten Datensätze werden ständig erweitert und erlauben nicht nur eine Beurteilung des Bestandes bedrohter Arten wie der Wildkatze sondern auch weiterer Aspekte wie Wanderbewegungen und Raumnutzung dieser Tiere“, bemerkt Prof. Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, mit deren Forschungsinstitut der BUND eng für die genetischen Analysen zusammenarbeitet. Die Wildkatzendatenbank lieferte dabei wichtige Hinweise, wo die Vernetzung von Wäldern, für die Wildkatze besonders sinnvoll ist.

„Die gefährdete Europäische Wildkatze breitet sich im südwestlichen Teil Sachsen-Anhalts wieder aus“, so Ralf Meyer, Landesvorsitzender des BUND Sachsen-Anhalt. „Allein im Projekt „Wildkatzensprung“ konnten wir in den Jahren 2012 bis 2015 insgesamt 83 Wildkatzen im Harz, im Großen Fallstein, in den Harslebener Bergen und im Ziegelrodaer Forst nachweisen, außerdem einen Hybriden - ein Mischling aus Haus- und Wildkatze.“

In anderen Gebieten, die auch als Lebensräume geeignet wären, wurden dagegen noch keine Wildkatzen nachgewiesen. Darum wird sich der BUND Sachsen-Anhalt auch nach Ende des erfolgreichen Projekts „Wildkatzensprung“ weiter für die Wildkatze einsetzen: Mit der langfristigen Schaffung eines 20.000 Kilometer langen Waldverbundes, der große Teile Deutschlands umfasst und somit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des länderübergreifenden Biotopverbunds leisten wird. Der BUND-Regionalverband Halle-Saalekreis hat bei Sangerhausen durch die Pflanzung eines „grünen Korridors“ aus Bäumen und Büschen entlang der Kleinen Helme bereits beispielhaft einen Wildkatzenwanderweg optimiert. Nicht zuletzt hängt der weitere Ausbreitungserfolg der Art von solchen Schutzbemühungen ab. Der Fortschritt dieser Vision in Sachsen-Anhalt ist online in der „Wildkatzendatenbank“ einsehbar.

Neben der Vorbereitung von Maßnahmen wie Gehölzpflanzungen und weiteren Flächenaufwertungen, sollen im neuen Projekt „NATURA 2000 - Rettungsnetz für Wildkatze, Haselmaus und Rotmilan“ ab nächstem Jahr die östlichen Landesteile wie die Dübener Heide und die Elster-Luppe-Aue in Abstimmung mit dem BUND Sachsen mittels Lockstockuntersuchungen genauer unter die Lupe genommen werden. „Dazu suchen wir wieder Ehrenamtliche, die sich als Bürgerwissenschaftler*innen in der Lockstockbetreuung oder als Multiplikator*innen in der Öffentlichkeitsarbeit für die Wildkatze engagieren wollen. Eine entsprechende Ausbildung wird in kostenfreien Seminaren vor Ort angeboten werden. Interessierte können sich gerne bei uns melden.“ sagt Nicole Hermes, Projektleiterin beim BUND-Regionalverband Halle-Saalekreis. „Einen kleinen Vorgeschmack zur Wildkatze gibt es bereits in Bad Schmiedeberg: Derzeit ist in der Evangelischen Stadtkirche unsere regionale Wanderausstellung noch bis zum 27. August zu sehen. Außerdem wird am 09. August um 19.30 Uhr eine Präsentation der Ausstellung sowie ein anschließender Vortag im Gemeindehaus stattfinden. Kleine und große Gäste sind herzlich eingeladen!“


Hintergrundinformation: Das Projekt „Wildkatzensprung“ wird seit 2011 und bis 2017 im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Am Projekt beteiligt waren neben dem BUND Sachsen-Anhalt Landesverbände aus neun weiteren Bundesländern. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter
www.bund.net/wildkatzensprung
www.wildkatzendatenbank.de
www.biologischevielfalt.de/bp_pj_wildkatzensprung.html.

Pressefotos: www.bund.net/wildkatzenfotos, © siehe Fotobeschreibung

Ansprechpartner für die Presse:
Nicole Hermes, Projektbüro Wildkatze, BUND-Regionalverband Halle-Saalekreis, Franzigmark 6, 06193 Petersberg bei Halle, OT Morl/Alaune
Tel.: 0345-68257608, nicole.hermes(at)bund-halle.de

Ruth Schedlbauer, Pressesprecherin Bundesamt für Naturschutz,
Tel. 0228 8491-4444, presse(at)bfn.de

Nina Wettern, Pressesprecherin Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
Tel. 030 18 305-2010, presse(at)bmub.bund.de

Dr. Sören Dürr, Leiter Kommunikation Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung,
Tel. 069 75421580, Soeren.Duerr(at)senckenberg.de

 

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