Verkarsteter Gips aus dem Südharz - Natur, Landschaft und Heimat - oder nur Rohstoff?
(Peter Hofmann)
Die EU-Kommission hat am 8. Januar 2025 in ihrem Antwortschreiben auf eine Parlamentsanfrage darauf ver wiesen, dass Deutschland bislang weder eine Notifizierung noch ein Ersuchen um Stellungnahme zum genann ten Projekt der Bohrungen im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz übermittelt hat, deshalb lägen der Kommission keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Projekt die betreffenden Natura-2000-Gebiete erheblich beeinträchtigen würde.
Nach Meinung des VdHK hätte die EU-Kommission bereits bei der Verfahrenseröffnung zur Änderung des Lan desentwicklungsplans Sachsen-Anhalt beteiligen können oder sogar müssen. Der VdHK hat in seiner Stellung nahme dazu im April 2024 bereits umfassend auf die Risiken verwiesen.
Außerdem verweist die EU-Kommission darauf, dass das Projekt das betreffende Natura-2000-Gebiet als sol ches weder einzeln noch in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten beeinträchtigt werden dürfe. Es könne aber genehmigt werden, wenn es mit wesentlichen Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete einhergeht, jedoch nur dann, wenn keine Alternativlösung vorhanden ist. Die Rohstoffsicherheit in Sachen Gips steht jedoch nicht auf dem Spiel. Die Firma Knauf hat im Südharz an verschiedenen Standorten noch bis in das Jahr 2090 bestehende Abbaurechte. Zudem kann Gips in vielen Bereichen bereits jetzt durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) führt aus, dass bis 2050 drei Erden benötigt würden, um generell den globalen Bedarf an Ressourcen zu decken. Da her sei es dringend erforderlich, unsere Wirtschaftsweise hin zu einer zirkulären Wirtschaft zu ändern. Die EU definiert dazu den Bausektor als einen der Schlüsselbereiche, die den größten Ressourcenverbrauch und das größte Kreislaufpotenzial aufweisen. Gips gehört definitiv dazu.
Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 hat das Ziel auf den bestehenden Natura-2000-Gebieten aufzubauen und sie durch nationale Schutzgebiete zu ergänzen, wobei ein strenger Schutz von Gebieten mit sehr hohem Biodiversitäts- und Klimawert sichergestellt werden muss. Der Gipskarst im Südharz ist bereits als nationaler Hot spot der Biodiversität ausgezeichnet. Strenger Schutz wäre deshalb also mehr als gerechtfertigt.
Deutschland hat sich als Vertragsstaat des UNESCO-Welterbeübereinkommens verpflichtet, Natur- und Kultur güter von "herausragendem, universellen Wert" zu erhalten. Dass der Gipskarst im Südharz diese Kriterien er füllt, steht fachlich außer Frage.
Lokale Behörden könnten und müssen sich also für eine nachhaltige Lösung einsetzen, zum Wohle der Natur und Landschaft, sowie seiner Bewohner und Besucher.
Bärbel Vogel
Vorsitzende des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. VdHK
www.vdhk.de
www.hoehlentier.de
www.karstinstitut.org