Ihren Beruf konnte sie während der Corona-Pandemie nicht mehr ausüben, und so initiierte sie ein Projekt, das auch unter Lockdown-Bedingungen durchführbar war. Nachdem sie den 4. Wettbewerbsaufruf "Kleine Maßnahmen nach der Richtlinie des Netzwerks Stadt/Land, Thema Umwelt und Ressourcenschutz" entdeckt hatte, war da sofort ein Plan, für den sie auch Partner wusste. Gemeinsam mit dem Kleingartenverein des Ortes wurde ein reichliches Dutzend leerstehende Gartengrundstücke ausgewählt und ein Pflanzplan für eine Streuobstwiese erstellt. Es war klar, dass hier dicke Bretter gebohrt werden müssen, denn die Parzellen waren komplett vermüllt und haushoch mit Dornengestrüpp zugewachsen. Es wurde also mit Hilfe lokaler Landschaftspflegefirmen ein Arbeitsplan erstellt, reichlich kalkuliert und eine relativ große Summe im Rahmen des Förderprogramms eingereicht. Die Freude war groß, als die Förderung für das Projekt bewilligt wurde, aber die Schwierigkeiten fingen erst an. Solche Projekte müssen vorfinanziert werden - das war für die BUND-Ortsgruppe nicht möglich.
Von Bürgermeisterin bis Freiwillige Feuerwehr – Ederslebener packten mit an
Dankenswerterweise sprang, nach Vorstellung und Befürwortung des Projekts im Gemeinderat, die Gemeinde Edersleben unter Bürgermeisterin Claudia Renner ein. In zwei Jahren gemeinsamer Arbeit, mit Unterstützung von Enthusiasten, des lokalen Bauhofs und der Freiwilligen Feuerwehr, wurde etwas geschafft, worauf die Gemeinde stolz sein kann: 60 junge Obstbäume von Apfel- und Birnen- über Pflaumen- und Quittenbäume alter Sorten wurden im März 2022 gepflanzt. Die wachsen nun auf einer Wiese, die irgendwann mal eine Blühwiese sein wird, wenn sich die eingesäten Wildblumensamen gegen die "Ureinwohner" des ehemaligen Gartenbrachlands durchsetzen können. Bis dahin muss regelmäßig gemäht und die Mahd beräumt werden –nicht ganz einfach auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern. Auch die Pflege der 60 Bäumchen hat es in sich: gießen, Baumscheiben freihalten, Baumschnitt, Schädlingskontrolle und vorsichtige Bekämpfung. Der Einsatz von Chemie verbietet sich von selbst, die Früchte sollen "bio" sein und die Wiese soll schließlich ein artenreiches Biotop bleiben. Dafür wurden alte Obstbäume, Eschen, Hasel sowie zwei Eiben auf der Fläche belassen, sogar abgestorbene Bäume haben Bleiberecht als Unterschlupf für Tiere. Marienkäfer und Singvögel wie Meisen, Nachtigall, Rotschwanz, Grasmücken, Laubsänger und Baumläufer helfen bei der Raupendezimierung - aber noch sind die Jungbäume gefährdet. Heiße Sommer, Trockenheit, Apfelgespinstmotte, Frostspanner und Wühlmäuse heißen die Herausforderungen, die die Pächter der umliegenden Gärten gemeinsam bewältigen, um ihre 60 Schützlinge bis zum Ertragsalter zu bringen.
40 sogenannte Klimabäume sowie Workshops und Vorträge komplettieren das Projekt
Im ganzen Dorf verteilt künden Traubenkirsche, Feldahorn und Gingko, Wildapfel, Felsenbirne und Maulbeere, Eisenholzbaum, Hopfenbuche, Roteiche und andere einheimische und fremdländische Baumarten vom Experimentierwillen der Gemeinde. Unter den nun vorherrschenden härteren Klimabedingungen sollen sie zeigen, wie sie mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Falls es ihnen doch mal nicht so gut geht, werden sich in Edersleben Möglichkeiten finden, etwas Wasser des lokalen Flüsschens Kleine Helme zu ihnen zu bringen. In zehn Jahren werden sie schon etwas Schatten spenden und jene Bäume kompensieren, die das Dorf in den letzten Jahrzehnten verloren hatte.
Ergänzend fanden im Dorfgemeinschaftshaus Seminare zum Obstbaumschnitt, zur Wiesenpflege und zur Bedeutung der Wildbienen statt. Gemeinsam wurden Nisthilfen für die Insekten auf der Streuobstwiese gebaut und aufgehängt, und auch Singvögel und Fledermäuse bekamen und bekommen neue Domizile im ganzen Dorf. Die BUND-Kreisgruppe trägt die Kosten für Baumschutzmaßnahmen und finanzierte die Nachpflanzung einiger Bäume, die im Hitzesommer 22 trotz Gießens eingegangen waren.
Unsere Bilanz: BUND und Gemeinde haben gut zusammengearbeitet. Es hat sich gezeigt, dass es im Dorf mehr Naturfreunde gibt als gedacht, und dass es Spaß macht, sich gemeinsam um das neue Grün zu kümmern.
Danke an alle, die mitmachen, auch die Partner in Nord- und Süddeutschland:
Peter Schleßelmann, Streuobstwiesen-Pädagoge von der Familieninitiative Kunterbunt aus Horneburg, Judith Bernhard & Eckart Brandt von der Baumschule Boomgarden in Großenwörden, Josef Schmaus aus Augsburg und Sabine Leisten vom Netzwerk Blühende Landschaften, die Baumfreunde Sangerhausen und das Team von "Grassworks" der Hochschule Anhalt in Bernburg.
Die Bäume wurden im Frühjahr 2022 gepflanzt. Sehen Sie, wie toll sie wachsen!