Trotz zunehmender Ausbreitung: Die Europäische Wildkatze bleibt weiterhin gefährdet

08. April 2025 | BUND, Wildkatze, Wälder, Naturschutz

Unkastrierte Freigänger-Hauskatzen gefährden die Europäische Wildkatze. Außerdem führt die Verwechslung von Wildkatzenjungtieren mit ausgesetzten Haustieren zu riskanten Entnahmen aus dem Wald. Daher fordert der BUND Sachsen-Anhalt Schutz der Wildkatze durch Kastration von Hauskatzen und mehr geschützte und vernetzte Lebensräume.

Magdeburg. Die streng geschützte Europäische Wildkatze kehrt langsam in die Wälder Sachsen-Anhalts zurück. Doch eine unscheinbare Gefahr aus unserer unmittelbaren Umgebung bedroht diese geschützte Wildtierart: die Hauskatze. Unkastrierte Freigänger können sich mit Wildkatzen verpaaren, was zu einer Vermischung beider Arten führen kann. Die sogenannte Hybridisierung kann langfristig die genetische Eigenständigkeit der Wildkatze gefährden, warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Sachsen-Anhalt. Wichtige Anpassungen der Wildkatze an ihren Lebensraum drohen verloren zu gehen. Zudem können Hauskatzen Krankheiten übertragen, die oft für Wildkatzen tödlich sind.

Ein weiteres Problem ist die Verwechslung von Wildkatzenjungtieren mit vermeintlich ausgesetzten Hauskatzen. Immer wieder nehmen Menschen die kleinen Wildkatzen aus dem Wald mit, in dem Glauben, sie retten ein hilfloses Haustier. Doch Wildkatzen sind keine ausgesetzten Kätzchen. Sie werden von ihrer Mutter oft nur kurz zurückgelassen, während sie auf Nahrungssuche ist. Diese unbeabsichtigten Entnahmen können den Tod der Jungtiere zur Folge haben und sind zudem gesetzlich verboten.

Nicole Hermes, BUND-Naturschutzexpertin und naturschutzfachliche Koordinatorin im Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt erklärt: „Die Wildkatze kehrt zurück, das ist in Zeiten des Artensterbens eine gute Nachricht. Aber viele Hürden sind noch für einen gesicherten Bestand zu nehmen. So stehen in Deutschland rund 8.000 Wildkatzen etwa 15 Millionen in Haushalten gehaltenen Hauskatzen gegenüber. Dazu kommen noch rund zwei Millionen verwilderte Streunerkatzen. Jedes unkastrierte Tier erhöht das Risiko der Hybridisierung für die Wildkatze und trägt dazu bei, dass sich Streunerkatzen noch weiter vermehren."

Hybride aus Haus- und Wildkatze weisen veränderte genetische Merkmale auf und die ursprünglichen Anpassungen an den Lebensraum der Wildkatze können verloren gehen. Sie sind optisch meistens nicht als solche zu erkennen und können gleichermaßen wie Haus- oder Wildkatzen aussehen. Bisher tritt Hybridisierung vor allem in Baden-Württemberg auf, aber auch in anderen Teilen Deutschlands werden Hybridkatzen vereinzelt erfasst. So wurden auch in Sachsen-Anhalt bereits Hybride durch den BUND genetisch nachgewiesen. „Eine rechtliche Überprüfung des Schutzstatus von Wildkatzen-Hauskatzen-Hybriden durch die vom BUND Sachsen-Anhalt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Baumann hat ergeben, dass Hybriden bis einschließlich der vierten Generation derselbe Schutzstatus zusteht wie reinerbigen Tieren“, so Ralf Meyer, Landesvorsitzender des BUND Sachsen-Anhalt. Und weiter: „Wenn sie optisch nicht eindeutig als solche zu erkennen sind, liefert nur ein Gentest Klarheit. Um nach Abklärung des Hybridstatus eine weitere Vermischung mit Wildkatzen zu verhindern und die lokale Wildkatzenpopulation zu schützen, empfiehlt der BUND Sachsen-Anhalt die Sterilisation und Wiederauswilderung von Hybridkatzen. Eine Tötung wäre aus Sicht des Naturschutzverbandes nicht angemessen und artenschutzrechtlich zweifelhaft.“

Auch jede*r Katzenhalter*in kann zum Schutz der Wildkatze beitragen. Hermes: „Der wichtigste Schritt ist, Freigänger-Katzen kastrieren zu lassen. So verhindern Haustierhalter*innen die Vermischung von Haus- mit Wildkatzen und vermeiden gleichzeitig, dass noch mehr verwilderte Katzen unter elenden Bedingungen leben müssen." Darüber hinaus ist Aufklärung entscheidend, um die Verwechslung von Wild- und Hauskatzen zu vermeiden.

Um langfristigen Schutz zu gewährleisten, fordert der BUND Sachsen-Anhalt zudem eine Ausweitung der Wildkatzenlebensräume. Das genetische Monitoring der Wildkatze zeigt, dass in großflächigen wilden Waldgebieten bisher kaum Hybridisierung vorkommt. Sie bieten Wildkatzen die nötigen Rückzugsräume. „Daher setzen wir uns mit unserem Projekt 'Wildkatzenwälder von morgen' dafür ein, artenreiche, vernetzte Lebensräume zu schaffen. Diese helfen nicht nur der Wildkatze, sondern auch anderen bedrohten Arten. Zudem sind strukturreiche Wälder mehr vor Stürmen und Austrocknung geschützt und puffern Klimaextreme besser ab", so Hermes.

 

Terminhinweis:

Wer mehr über die Hybridisierung von Wild- und Hauskatzen erfahren möchte, kann sich beim Online-Seminar am 26. Mai informieren. Fachleute stellen dort neueste Erkenntnisse zur Vermischung von Haus- und Wildkatze vor, und gemeinsam sollen über Lösungen diskutiert werden, um die Bedrohung für die Wildkatze weiter einzudämmen. Link zur Anmeldung: https://aktion.bund.net/wildkatzenwaelder-seminar1

 

Hintergrund:

Die Europäische Wildkatze ist laut Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und gilt laut Roter Liste der gefährdeten Arten bundesweit als „gefährdet“. Unsere Hauskatzen stammen nicht von der Wildkatze ab, sondern von der Afrikanischen Falbkatze. Hauskatzen wurden von den Römern nach Mitteleuropa gebracht.

Um die Europäische Wildkatze nachweisen zu können, nutzt der BUND das sogenannte Lockstock-Monitoring. Freiwillige Helferinnen und Helfer bringen Holzstöcke in Gebieten aus, in denen die scheue Wildkatze vermutet wird. Sie besprühen die Stöcke mit Baldrian. Der Geruch ist den Sexuallockstoffen der Wildkatze sehr ähnlich und zieht die Tiere magisch an. Die Katzen reiben sich am rauen Holz und hinterlassen einzelne Haare. Die Naturschützer*innen sammeln diese ab. Anschließend schicken sie die Proben für eine genetische Untersuchung zur Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Das sechsjährige Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert. Das Projekt setzen der BUND-Bundesverband, die BUNDjugend und die BUND-Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen um.
 

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