BUND stellt sich gegen Gips-Probebohrungen im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz

11. Oktober 2024 | BUND, Harz, Lebensräume, Naturschutz, Reptilien, Wälder, Ressourcen & Technik

- Der BUND reichte eine 13-seitige ablehnende Stellungnahme beim Landkreis Mansfeld-Südharz ein. - Protestbriefe aus der Bevölkerung und von Fachleuten der Höhlenforschung und Geologie - Landschaft ist weltweit einziger Gipskarst mit üppiger Bewaldung. - Studie zeigt, dass Ausstieg aus dem Naturgips bis 2045 möglich ist.

Südharz. Gegen die beantragten Probebohrungen der Firma Knauf im Naturschutzgebiet Questenberg im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz legte der BUND Sachsen-Anhalt e.V. Einwände ein. Eine umfangreiche Stellungnahme wurde fristgerecht beim Landkreis Mansfeld Südharz eingereicht, schildert Christian Kunz, BUND-Landesgeschäftsführer in Sachsen-Anhalt. Auch  eine Rechtsanwaltskanzlei hat dabei unterstützt. Kunz: „Wir hoffen, dass die zu treffende Entscheidung durch den Landkreis für oder gegen Probebohrungen uns nicht zwingt, die anwaltliche Unterstützung weiter in Anspruch zu nehmen.“ 

Mit Bekanntwerden der geplanten Probebohrungen der Firma Knauf im Südharz gab es nicht nur in Sachsen-Anhalt einen Aufschrei. Auch in Thüringen und Niedersachsen ist man alarmiert. Dort äußern Anwohner in Gesprächen mit dem BUND immer wieder ihren Ärger und ihre psychischen Belastungen durch Lärm von bis zu 12 Stunden täglich. Auch Staub und der Schwerlastverkehr hätten das Leben in ihren vormals so idyllischen Ortslagen verändert. In Sachsen-Anhalt könnte dieses Szenario in Breitungen, Agnesdorf, Questenberg, Wickerode und Hainrode bei einem Gips-Abbau Realität werden.

Landesgeschäftsführer des BUND in Thüringen, Sebastian König: "In Thüringen mussten wir leidvoll erleben, was es heißt, wenn Gips im großen Stil der Erde entrissen wird. Das darf in Sachsen-Anhalt nicht auch passieren! Daher werden wir uns gemeinsam gegen die beantragten Probebohrungen und den damit angedrohten Naturgipsabbau stellen."



Protestschreiben und offene Briefe aus der ganzen Welt

Auch Geologen, Biologen und Höhlenexperten senden Protestschreiben nach Sachsen-Anhalt. Professor De Waele aus Bologna, Jean-Claude Thies, der Präsident der europäischen Höhlenschutz-Kommission, Jan Urban, der Präsident der polnischen Kopernikus-Gesellschaft, die kroatische Gesellschaft zum Schutz der Karstlandschaften und sogar Forderungen aus Südkorea machen sämtlich deutlich, wie einmalig die Karstlandschaft im Südharz ist.

Dr. Friedhart Knolle, Vorsitzender des BUND-Regionalverbands Westharz im niedersächsischen Teil des Südharzes, ist auch im Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher tätig und erklärt: „Es ist diese besondere geologische Situation. In dieser Form und Mächtigkeit steht Gips in Deutschland nur hier großräumig und oberflächennah an. So ist der Südharz weltweit der einzige Gipskarst, der reich bewaldet ist. Verschwindet der Gips, verschwindet mit den Bio- und Geotopen dieses Gebiets ein Welterbe! Höhlen, Quellen und unterirdische Fließwege sowie Lebensgemeinschaften würden für immer vernichtet.“



Es gibt Alternativen zum Naturgips 

Das Problem der Probebohrungen sei laut BUND auch, dass der Anschein geweckt würde, es würden von Knauf „nur“ einige Löcher gebohrt. „Das wäre doch nicht schlimm“. Christian Kunz gibt zu bedenken: „Wer bohrt, will baggern. Und schon wenn gebohrt wird, sind es gerade die Besonderheiten im Karst, die gestört werden.“

Der BUND stellt sich auch gegen die Behauptung der Gipsindustrie, es würde  dringend Naturgips für den günstigen Wohnungsbau gebraucht. Tatsächlich legt eine vom BUND in Auftrag gegebene Studie dar, dass ein Ausstieg aus dem Naturgips durch Gipsrecycling und alternative Baustoffe bis 2045 möglich ist.

Kunz fordert deshalb: „Gipsrecycling muss zur gängigen Praxis werden anstatt  seltene Ausnahme zu bleiben. Wenn Strukturwandelmittel auch in den Südharz fließen, kann die Produktion innovativer Leichtbauplatten aus Recyclingbaustoffen wie Lehm, Holz und Stroh aufgebaut werden. Das sichert Arbeitsplätze und schützt den Gipskarst. Es gibt keinen Grund nach neuen Gipslagerstätten zu suchen. Alle Argumente aus der Gipsindustrie sind längst widerlegt.“



Hintergrund

Probebohrungen im September bereits durch BUND abgewendet
Die Probebohrungen der Firma Knauf sollten im Naturschutzgebiet und Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz bereits am 16.09.2024 stattfinden. Der BUND Sachsen-Anhalt hatte davon erfahren und beim Landkreis Mansfeld-Südharz Akteneinsicht beantragt. Laut § 63 Bundesnaturschutzgesetz haben Naturschutzverbände ein Recht auf Beteiligung bei Vorhaben, die der Natur schaden könnten.

Karstlandschaft Südharz
Die Karstlandschaft Südharz, die sich über Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen erstreckt, ist aufgrund ihres Artenreichtums einer von 30 Biodiversitäts-Hotspots Deutschlands. Hier finden sich vielfältige Karsterscheinungen wie Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Bachschwinden, die in so hoher Anzahl auf engsten Raum einmalig in Europa sind. Das Gipskarstgebiet im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa.
Zahlreiche Amphibien finden in den wassergefüllten Erdfällen, in Schluchtwäldern oder Quellsümpfen ihre Heimat, während die dichten und strukturreichen Wälder gefährdeten Arten wie Wildkatze, Uhu und verschiedenen Fledermäusen als Lebensraum dienen.

2009 wurde die Karstlandschaft Südharz als weltweit einzigartig bewaldeter Karst auf Gips zu einem 30 000 Hektar umfassenden Biosphärenreservat erklärt. Das ist ein Natur-Prädikat, das nachweislich Touristen aus weit entfernten Regionen anzieht. Bisher äußerte die Landesregierung Interesse daran, die internationale Anerkennung durch die UNESCO anzustreben.

 

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Kontakt: 
Christian Kunz, Landesgeschäftsführer BUND Sachsen-Anhalt e.V.
Tel. 0391 5630 7814, Mobil: 0171 1069256, E-Mail: christian.kunz(at)bund-st.de

 

Pressestelle des Landesverbandes:
Luisa Littich, Mobil: 0151 23537190, E-Mail: luisa.littich(at)bund-st.de

 

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