BUND Sachsen-Anhalt

Die Wasserrahmenrichtlinie: Gewässerschutz von der Quelle bis zur Küste

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist ein Gesetzeswerk der EU mit klarem und deutlichem Auftrag: Alle unsere Gewässer – vom Grundwasser über die Flüsse und Seen bis hin zu den Küstengewässern – müssen einen "guten Zustand" erreichen. Die Bundesregierung versucht jedoch, die Umsetzung zu verschleppen.

Für die Umsetzung des "guten Zustands" der Gewässer hatte die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ursprünglich das Jahr 2015 als Frist gesetzt. Deutschland hat die Möglichkeit, die Frist zu verlängern, für fast alle Gewässer ausgereizt. Doch statt nun alles daran zu setzen, die neue Frist 2027 zu erreichen, verschleppt Deutschland weiterhin die Umsetzung und hofft auf weitere Fristverlängerungen.

Engagierten Wasserbehörden steht die übermächtige Lobby aus der Agrarindustrie, Schifffahrt, Verkehr und Bergbau gegenüber, die eine konsequente (richtlinienkonforme) Umsetzung in Deutschland verhindern.

Dabei haben unsere Flüsse, Seen, Bäche, Gewässer vor den Küsten und unser Grundwasser eine Wiederbelebung dringend nötig. In der WRRL liegt eine große Chance, einen nachhaltigen Umgang mit unserem Lebenselixier Wasser zu schaffen und unsere Gewässer wieder zu einem Quell des Lebens zu machen.

Was genau will die Wasserrahmenrichtlinie?

Die Qualitätsziele der WRRL lauten:

  • ein weitgehend natürliches Vorkommen von Pflanzen und Fischen in den Gewässern;
  • die Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen für alle Lebewesen;
  • sanierte, naturnahe und naturbelassene Uferzonen;
  • Schadstoffkonzentrationen innerhalb der Grenzwerte.

Zudem gilt, dass der heutige Zustand unserer Gewässer (bis auf wenige, streng geregelte Ausnahmen) ab sofort nicht mehr verschlechtert werden darf.

Um diese Ziele zu erreichen, wurde ein Bewirtschaftungsplan erstellt, mit dessen Maßnahmen bis 2027 die Ziele der WRRL erfüllt werden sollen.

Die Umsetzung der WRRL ist eine der größten Chancen für den Gewässerschutz. Allerdings zeichnet sich jetzt bereits ab, dass die Umsetzung schleppend verläuft und Ausnahmen überstrapaziert werden sollen. Dabei benötigen fast alle Gewässer zusätzlichen Schutz!

Flüsse und Gewässer

Ein paar Zahlen und Fakten

Etwa 2,3% der Fläche Deutschlands machen unsere Gewässer aus. 1% bilden die Fließgewässer, 1,2% die stehenden Gewässer und 0,1% das Meer (Quelle: Statistisches Bundesamt, Dezember 2016).

In Sachsen-Anhalt sind die größten Flüsse die Elbe (1094 km), die Saale (413 km) und die Havel (325 km). Die größten Seen sind der Geiseltalsee (18,4 km²), der Große Goitzschesee (13,32 km²) und der Gremminer See (5,44 km²). Zum Vergleich: Der Bodensee ist 536 km² groß.

Artensterben in Gewässern: Warum die Biodiversität in Flüssen und Seen abnimmt – und was wir dagegen tun können

Nicht nur Insekten und Vögel sind vom Artensterben bedroht – auch und gerade in unseren Gewässern gibt es seit Jahrzehnten, oder eigentlich: seit Jahrhunderten einen starken Rückgang der Biodiversität. Für das Verschwinden von Pflanzen und Tieren sowie ganzer Ökosysteme ist vor allem der Mensch verantwortlich. Deshalb ist er auch gefragt, den Rückgang zu stoppen.

In Deutschland befinden sich 78 Prozent der Auen- und Gewässerbiotoptypen in einer gefährdeten Lage. 20 Prozent davon sind sogar bedroht, vollständig zerstört zu werden. Grund dafür ist der Mensch. Mit der Zerstörung von Lebensräumen und Umweltbelastungen geht der Artenverlust in diesen wichtigen Ökosystemen einher.  

Die Folgen des menschlichen Zerstörungswerks sind fatal: Oberflächengewässer beinhalten zwar nicht einmal ein Zehntausendstel des globalen Wasservolumens. Jedoch leben in ihnen zwölf Prozent der uns bekannten Arten. In der Vergangenheit ist der Artenreichtum vor allem an unseren Gewässern stark zurückgegangen – in Europa um 70 Prozent bei den Süßwasserarten und um 61 Prozent bei den Amphibien. 

Die Ziele der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS) der Bundesregierung bis 2020, natürliche Überflutungsräume zu schaffen und eine gute Badewasserqualität, eine charakteristische Fischfauna sowie Auen und Fließgewässern in ihrer Funktion als Lebensraum zu sichern, werden bei Weitem verfehlt.

Ebenso verfehlt wurde das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie, bis 2015 den "guten ökologischen und chemischen Zustand" der Fließgewässer zu erreichen. Der ökologische Zustand eines Flusses ergibt sich aus dem Vergleich der im Wasser lebenden Organismen mit dem Bestand, der dort natürlicherweise vorkommen sollte. Zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist die biologische Vielfalt unserer Gewässer also einer der wichtigsten Faktoren. Im Jahre 2018 waren nur etwa acht Prozent der deutschen Flüsse und Seen in einem ökologisch guten Zustand!

 

Das fordert der BUND

  • Durchgängigkeit von Flüssen: Staudämme und Wehre sind unüberwindbare Hindernisse für wandernde Wasserbewohner wie Fische, Biber und Krebse und schränken die natürliche Dynamik von Flüssen ein. Nur wenn unsere Flüsse wieder durchgängig gemacht werden, können sich die Populationen der im Wasser lebenden Lebewesen erholen und ausbreiten.
     
  • Flüsse nicht weiter ausbauen, stattdessen das Blaue Band umsetzen: Seit 200 Jahren verwandeln Baumaßnahmen wie Vertiefungen, Begradigungen oder Buhnen viele dynamische Flüsse in monotone Wasserstraßen, die kaum noch Lebensräume bieten. Die Begradigung von Flüssen führt zu zunehmendem Gefälle und damit zu höheren Fließgeschwindigkeiten – Lebensräume und Laichstätten werden zerstört. Den Flüssen muss mehr Raum gegeben werden sich natürlich zu entwickeln. Das Blaue Band muss zügig umgesetzt werden und einen klaren Fokus auf die ökologische Gewässerqualität aufweisen.
     
  • Schadstoffeinträge reduzieren: Die industrielle Landwirtschaft verbreitet Unmengen an Gülle und Pestiziden, die meist direkt in den Flüssen und Seen oder im Grundwasser landen, da es keine Pufferzonen zum Gewässer gibt. Industriebetriebe leiten schadstoffbelastete Abwässer in die Flüsse ein und Kraftwerke leiten das aufgewärmte Kühlwasser wieder in die Flüsse zurück. All diese Einträge von Nitraten, Pestiziden, Schwermetallen, schwer abbaubaren organischen Schadstoffen, Mikroplastik oder Quecksilber und der Zufuhr von Wärme verschlechtern den Zustand unserer Gewässer und führen zum Artensterben vieler Wasserorganismen.

 

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